Jahrestage im Mai: von der Bücherverbrennung zum Freundeskreis

10. Mai 1933 Bebelplatz, Berlin (Snark/Edimedia)

Im Monat Mai häufen sich die bibliotheksbezogenen Jahrestage:

3. Welttag der Pressefreiheit (UNESCO)
5.  Welt-Passwort-Tag (jeweils am ersten Donnerstag im Mai)
10. ehem. „Tag des freien Buches“ (anläßlich der Bücherverbrennungen am 10.5.1933)
17. Welttag der Telekommunikation und Informationsgesellschaft
21.  Welttag der kulturellen Vielfalt für Dialog und Entwicklung (UNESCO)
25.  „Towel-Day“ (Tag des Handtuchs zum Gedenken an Douglas Adams)
25. Mai 1921: Beschluß des Provinziallandtages zur Gründung der Landesbücherei als „Wissenschaftliche Zentralbibliothek der Provinzialverwaltung Brandenburg“ (Sitz in Berlin)
25. Mai 1997: Start des Buchpatenprojektes der SLB
30.  Mai 2002 Gründung der Potsdamer Bibliotheksgesellschaft e.V.

Einige von diesen werden Sie in unserem „immerwährenden“ Kalender finden. Allerdings jeweils nur mit einer kurzen Notiz. Zum Tag der Pressefreiheit wurde der Jahresbericht der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen vorgestellt mit der erschreckenden Nachricht, dass es um die Meinungsfreiheit in der ganzen Welt, aber auch in Deutschland nicht mehr so gut bestellt ist (aufgrund der Einschüchterung und Behinderung freier Pressearbeit durch bestimmte Kreise).

Der Tag der Erinnerung an die nationalsozialistischen Bücherverbrennungen ab dem 10. Mai wurde in Verbindung damit zur Woche der Meinungsfreiheit. Aus bibliothekarischer Sicht bleibt es jedoch ein wichtiges Anliegen, genau an diesem Tag auch gerade an die Rolle der Bibliotheken zu erinnern bei der „ideologischen“ Re-Orientierung von Gesellschaften. Das dies kein historischer Einzelfall war zeigt folgende Meldung zur Gleichschaltung und Säuberung von Ukrainischen Bibliotheken in Russisch besetzten Gebieten.
Lesenswert: https://ukraine2022.ios-regensburg.de/bibliotheken02/
Zitat daraus:

Berichtet wird, dass Militärpolizisten mit „ideologischen Funktionen“ aus den Bibliotheksbeständen Autoren und Themen ausselektieren, die auf schwarzen Listen stehen. Unerwünschte „extremistische Literatur“, darunter Schulbücher sowie Literatur zu den ukrainischen Freiheitsbestrebungen und Revolutionen, zum Holodomor sowie zum Donbas-Konflikt, werden noch vor Ort zerstört oder abtransportiert.

Geplant ist anscheinend der Ersatz durch Bücherlieferungen aus dem Kreml-Kanon.[5] Dass das sowjetische Bibliothekssystem, das die klassische russische Kultur mit identitätspolitischer Propaganda zu kombinieren wusste, hierfür als Modell dient, ist unschwer zu erkennen. Absehbar bleibt, dass dieses Vorgehen in den besetzten Gebieten noch viel stringenter und totaler umgesetzt werden soll als in Russland selbst – freilich insofern die Okkupation überhaupt von Dauer sein wird.

„Kreml-Kanon“ = toller Begriff. (Quelle auf Kyrillisch)

Micha Ullman: „Versunkene Bibliothek“ Bebelplatz, Berlin (Foto: Hobohm)

Einen interessanten Aspekt des vielleicht verdeckten Widerstands gegen die Säuberungen durch die sonst häufig opportunistischen Bibliothekar:innen der 1933er stellt Lutz Tygör, u.a. Lektor für Geschichte in der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam, in der aktuellen Ausgabe des zentralen deutschen Fachmagazin für Bibliotheken vor (BuB Forum Bibliothek und Information, Bd. 74, (2022), 5, S. 246-252). Er gibt eine spannende Chronik der Ereignisse und verweist auf einen anonymen Artikel im Berliner Tageblatt vom 7. Mai 1933 mit dem Titel „Bibliothek der Zukunft“, dem  eine vorsichtige, sachkundige Kritik von Bibliothekar:innen an den geplanten Säuberungsaktionen zu entnehmen ist. Die Lektüre des Textes von Lutz Tygör sei empfohlen!

Aber auch die anderen Jahrestage sind nicht minder bedeutsam. Mein Favorit ist natürlich der Towel-Day anlässlich des Todestages von Douglas Adams („Per Anhalter durch die Galaxis“).

Last but not least sind es die drei wichtigen Jubiläen der Potsdamer Bibliothekswelt, die wir am 30. Juni bzw. am 2. November ja auch offiziell feiern wollen. Am 25. Mai 1997 startete das „Buchpatenprojekt„. Es war seinerzeit wegweisend und eine der ersten Aktionen dieser Art zur Unterstützung des Erhalts und der Restaurierung des gedruckten kulturellen Erbes. Die fünf Jahre später, am 30. Mai 2002, gegründete Bibliotheksgesellschaft unterstützte und förderte seitdem das Projekt kontinuierlich. Und schließlich als Ausgangspunkt für die Hundertjahrfeier der Landesbibliothek gilt der Beschluss der Brandenburgischen Provinzialverwaltung am 25. Mai 1921 eine Landesbücherei als „Wissenschaftliche Zentralbibliothek der Provinzialverwaltung Brandenburg“ zunächst mit Sitz in Berlin zu gründen, die im Jahre 1922 eingerichtet wurde.

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