Sonntagsöffnung nun doch

Es war ein Wechselbad der Gefühle. Noch in der letzten Hauptausschusssitzung wurde der von mehreren Fraktionen immer wieder angeschobene Vorschlag, testweise eine projektmäßige Sonntagsöffnung der Potsdamer Stadt- und Landesbibliothek zu erproben, vehement abgelehnt. In der vor der Kommunalwahl vorletzten Sitzung der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung wurde der Antrag nun doch (gegen die Stimmen der Fraktion B90/Die Grüne!) positiv beschieden. Die Potsdamer Neuesten Nachrichten melden dies auf ihrer Titelseite.

Der Text von Henri Kramer sei hier (ausnahmsweise) –mit herzlichem Dank für die ausführliche Berichterstattung– in Gänze zitiert:

Trotz Geldsorgen haben Potsdams Stadtverordnete eine SPD-Initiative beschlossen, dass die Stadt- und Landesbibliothek künftig auch sonntags geöffnet hat. Das Votum erfolgte gegen die Empfehlung von Kämmerer Burkhard Exner (SPD). Dafür stimmten Stadtverordnete von Linken, SPD, Potsdam sozial gerecht und CDU, dagegen unter anderem die Grünen. Eine Debatte fand nicht statt.

Die Debatte um die Sonntagsöffnung der Bibliothek läuft seit Jahren. Für diesen Zweck solle Geld für den Mediengipfel „M100“ gestrichen werden, hatte die Fraktion Die Andere zuletzt beantragt. Als neue Idee hatte jüngst der SPD-Stadtverordnete Tiemo Reimann einen Änderungsantrag geschrieben, nämlich nicht verwendetes Geld für ein Jugendförderprojekt zu verwenden. Hier gehe es um 140.000 Euro, während ein Jahr Sonntagsöffnung für rund 100.000 Euro zu haben sei, sagte Reimann. Gerade für Kinder und Jugendliche sei eine offene Bibliothek am Sonntag ein großer Gewinn, hatten Befürworter der Ideen in den vergangenen Monaten mehrfach argumentiert.

Gegenwind kam hier allerdings bereits im Finanzausschuss vom Beigeordneten Exner, der an die schlechte Haushaltslage erinnert hatte. Im Jugendamtsbereich müsse man mit großen Kostensteigerungen im Bereich Hilfen für Erziehung und Kitas rechnen. Schon 2023 gab es in dem Bereich Mehrkosten von 10 Millionen Euro. Daher handele es sich bei Reimanns Vorschlag um keine „effektive Deckungsquelle“, hatte Exner betont.

Bibliothekschefin Marion Mattekat sprach in dem Ausschuss wegen nötiger Ausschreibungen von mindestens einem halben Jahr Vorbereitungszeit für die Sonntagsöffnung. Sollte das „eine einmalige Sache“ ohne Anschlussfinanzierung werden, sei das wegen des hohen Aufwands nicht zielführend: „Die Leute gewöhnen sich daran, stellen Forderungen und wir können sie nicht weiter bedienen.“ Solche Bedenken spielten nun keine Rolle: Mit wenig Geld könne man hier viel für Kinder und Jugendliche erreichen, hieß es von den Befürwortern. (HK)

Ob es nur an der Länge der Tagesordnung oder der Dauer der Debatte lag oder ob hier wirklich die Bedeutung der Bibliothek für die Demokratie und die Bildung eine Rolle gespielt hat? Die Diskussion  um die Sonntagsöffnung von (Stadt-)Bibliotheken läuft bundesweit schon seit einigen Jahren. Nicht nur seit dieses Thema im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition aufgenommen wurde. Es ist wirklich niemandem erklärbar, warum wissenschaftliche Bibliotheken und Museen geöffnet sind. Das Wohnzimmer der Stadt jedoch nicht.

Die Bibliotheksgesellschaft wünscht der Bibliothek viel Erfolg bei der Umsetzung dieses Projektes. Wir danken den Betreibern dieser Initiative in der SVV, der SPD und der Fraktion „Die Andere“, für ihre Hartnäckkeit. Erstaunlich, dass die zentralen Werte unserer Gesellschaft (Demokratie und Gemeinwohl) einen so langen Atem brauchen.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*